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Kunstfreiheit, mal traditionell



Ein Demonstrant vor der Wiederauführung der Oper Idomeneo gestern in Berlin. Es gibt die "alten" Feinde der Kunstfreiheit immer noch.....
Source: Spiegel online 19.12.2006

Kanadische Dokumentarfilmer gegen DRM

Die"Documentary Organisation of Canada", der Dachverband der Dokumentarfilmer hat vor wenigen Tagen einen offenen Brief (pdf) an den zuständigen Minister geschickt. Darin sprechen sie sich gegen eine Verschärfung des Urheberrechts, insbesondere durch DRM, aus. Dabei stützen sie auf die überwiegende Mehrheit ihrer Mitglieder.
Canadian documentary filmmakers are increasingly dissatisfied with copyright law. An internal DOC survey, titled Censorship by Copyright (a copy of which we enclose), suggests that 85% of Canadian documentary filmmakers find copyright laws more harmful to them than beneficial. The same survey noted that 82% of documentary filmmakers feel that copyright laws actually discourage them from making documentary films rather than encouraging them.
Sie kommen zum Schluss, ganz wie wir hier bei Kunstfreiheit, dass
As creators and owners of documentary films, we rely on copyright laws not only for protection of our works, but to allow us to access the material we need to create our films. We understand that the Canadian government is considering amendments to the Copyright Act. We regard this development as both an opportunity and a threat: an opportunity, because reform of Canadian copyright laws can do much to improve the plight of documentary filmmakers in Canada; a threat, because some of the legislative proposals we have seen could have profound consequences for documentary filmmakers and our ability to produce documentary films. We call on the Canadian government to adopt balanced copyright policies that reflect the dual needs of documentary filmmakers.

Gowers Report (UK)

Aus England kommt im Moment ein Report nach dem anderen, der sich gegen eine immer weitergehende Verschärfung der IP Rechte ausspricht (siehe etwa die Adelphi Charter oder das Manifest der British Library.) Der neueste ist der sog. Gowers Report (146 Seiten pdf), der im Auftrag des Finanzministeriums erstellt wurde. Er empfiehlt unter anderem folgendes, was sich doch wesentlich mit den Forderungen der Kunstfreiheit deckt.
Balanced and flexible rights should enable consumers to use material in ways that do not damage the interests of rights holders and will help ensure that citizens have trust in the system. They will enable cultural institutions to preserve our heritage, and help research institutes to further knowledge by using ideas protected by others.
The Review recommends:
• proposing an ‘orphan works’ provision to the European Commission. This will make it easier for creative artists to re-use ‘orphan’ copyright protected material (for which no author can be found), thus unlocking previously unusable material;
• introducing a limited private copying exception, which will allow consumers to format shift legitimately purchased content, for example music from a CD to an MP3 player. This will allow consumers to use copyright protected material in a manner which does not damage the interests of rights holders;
• clarifying the research exception. This will create greater scope for research on protected material by universities and business and expand the stock of knowledge; and
• enabling libraries to copy and format shift master copies of archival works. This will prevent valuable cultural artefacts from deteriorating because they exist only on outdated formats.

Konkrete Änderungen am Entwurf des UHR

Am 19.12. wird der Ständerat die Revision des UHR behandeln. Unser offener Brief ist generell kritisch im Hinblick auf die Verschärfung des UHR, formuliert aber keine konkreten Änderungsvorschläge für die aktuelle Revision. Weil wir keine JuristInnen sind, wollten wir das den Fachkräften überlassen. Da wir aber immer wieder gefragt wurden, was genau uns denn am neuen Entwurf nicht gefällt, hier das zentrale Problem, formuliert als realpolitischer Änderungsantrag:
In der jetzt anstehenden Revision ist "Art. 39a (neu) Schutz technischer Massnahmen“ der problematischste. Technische Schutzmassnahmen machen es Künstlern unmöglich, geschütztes Material für eigene Arbeiten zu verwenden, obwohl sie dazu durchaus berechtigt sind. In 39/4 ist zwar die Ausnahmeregelung enthalten, dass "das Umgehungsverbot kann gegenüber denjenigen Personen nicht durchgesetzt werden, welche die Umgehung ausschliesslich zum Zweck einer gesetzlich erlaubten Verwendung vornehmen."

Da aber in Art. 39/3 es verboten wird, Programme zur Verfügung zu stellen, die dazu dienen, den Kopierschutz zu umgehen, werden in der Praxis die meisten Künstler von dem ihnen zugebilligten Recht keinen Gebrauch machen können, weil ihnen das technische Know-How fehlt, welches 39/4 praktikabel machen würde.

Im Minimum müsste der Art. 39/3 so geändert werden, dass es explizit erlaubt ist, sich "zum Zweck einer gesetzlich erlaubten Verwendung" Hilfsmittel Dritter zu bedienen, welche von diesen auch öffentlich angeboten werden dürfen. Ansonsten ist die Ausnahmeregelung in Art. 39/4 ohne praktische Konsequenz und Künstler können nicht mehr wie bisher sich direkt mit den Erzeugnissen der Gegenwart auseinander setzen. Dies gilt im übrigen auch für KonsumentInnen, die sich etwa eine Musik-CD kaufen und diese kopieren wollen, damit sie diese zuhause wie auch im Auto hören können – ein typischer Fall von Privatkopie, die nicht mehr möglich ist, wenn man den Schutz zwar umgehen darf, aber es dem durchschnittlichen Konsumenten technisch nicht möglich ist, dies zu tun.

Erlaubnislkultur

Mitte November lud der Schweizer "Kulturminister" zu einer Retraite, um über Kunstfreiheit zu diskutieren. Hier der Ausschnitt der Diskussion, der sich mit derm Thema "Erlaubniskultur" beschäftigt. Weitere Videos sind hier.


Link: sevenload.de

Das Urheberrechtssystem ist skandalös ineffizient

IRights.info hat ein interessantes Interview mit Hal Varian zu ökonomischen Aspekten des Urheberrechts. Hier ein Auszug:
Anreize für einen universellen Zugang zu Wissen

iRights.info: Sie haben sich vor kurzem mit dem Google-Library-Projekt beschäftigt und sprechen sich in dem Artikel klar dafür aus, im Internet nach dem „Opt-out-Prinzip“ zu verfahren, das heißt, erst einmal wird alles erfasst und nur wenn jemand die Nutzung seiner Werke explizit untersagt, werden diese entfernt. Die Umkehrung, einen „Opt-in-Ansatz“, halten Sie für keine akzeptable Lösung. Mancher Rechteinhaber sieht das aber anders.

Varian: Larry Lessig hat dazu auf der Konferenz Wizards of OS in Berlin ein gutes Beispiel angeführt. Denken Sie an die Fotografie: Einst hat man kontrovers diskutiert, ob jemand eine andere Person ohne Erlaubnis fotografieren darf oder nicht. Wenn ich nun ein Foto vom Potsdamer Platz machen würde, während rund 200 Leute über den Platz laufen, soll ich dann jeden fragen und mir eine schriftliche Erlaubnis geben lassen, wenn ich das Foto veröffentlichen will? Das wäre lächerlich und so wurde entschieden, dass dies keiner Genehmigung bedarf – eine sinnvolle Lösung, die Transaktionskosten minimiert. Mit Seiten im Web verhält es sich nicht anders, denke ich. Es ist doch weitgehend akzeptiert, dass eine öffentliche Webseite von einer Suchmaschine erfasst wird. Bräuchte man dazu vorab eine Erlaubnis, würde dies ziemlich hohe Kosten verursachen und eigentlich wollen wir, dass gesellschaftliche Institutionen die Transaktionskosten minimieren und nicht maximieren.

Das bringt uns zum Thema eines universellen Zugangs zu Wissen. Dieser ist technisch möglich, schreiben Sie. Was fehlt, ist die rechtliche Grundlage, die die dazu notwendigen Anreize schafft. Ist Opt-Out eine Voraussetzung dafür?

Richtig, Opt-Out schafft positive Anreize dazu und umgeht negative Anreize, die zu übertriebener Vorsicht führen würden. Die Idee, auf eine Erlaubnis vorab zu verzichten, aber zugleich geistiges Eigentum über einfache Opt-out-Mechanismen zu respektieren, ist eine vernünftige Lösung und die macht sich Google zu Nutze.

Welche weiteren Anreize sind für einen universellen Zugang zu Wissen notwendig?

Alternative Lizenzsysteme wie Creative Commons spielen hier sicher eine Rolle, stecken aber noch in ihren Kinderschuhen. Ich habe mich näher mit vergriffenen Werken („out of print works“) beschäftigt, also Werken, die auf kommerziellem Weg praktisch nicht zu erhalten sind – wertvolle Ressourcen, die unnötigerweise brach liegen. Aus technischer Sicht ist es nicht notwendig, dass Bücher oder auch andere Medien vergriffen sind und Google sucht nach Wegen, dieses Material wieder verfügbar zu machen.